Berufsorientierung für Geflüchtete

Mohamed A. ist einer von zehn jungen Menschen, die im April über das Projekt Wirtschaft integriert eine Berufsorientierung in der Jugendwerkstatt begonnen haben. Nach einer vielversprechenden schulischen Laufbahn in Syrien musste der 23-jährige seine Heimat als guter Schüler, aber ohne Abschluss verlassen und kam Ende 2015 nach Deutschland.

Hier ist zunächst alles neu und so ganz anders als in seiner Heimat. Ständig müssen Anträge gestellt, Termine und Fristen eingehalten werden, er lebt in einer Gemeinschaftsunterkunft und darf nicht arbeiten gehen. Doch Mohamed beißt sich durch. Mittlerweile lebt er in einer WG und hat bereits als Aushilfe in einer Pizzeria und einem Fitnessstudio gearbeitet. Doch sein Traum ist es, Einzelhandelskaufmann zu werden. Doch wie soll er dieses Ziel ohne Schulabschluss erreichen? Nach Abschluss seines Asylverfahrens kann Mohamed endlich einen Integrationskurs besuchen. Hier verbessert er zunächst sein Deutsch und beginnt allmählich, Zukunftspläne zu schmieden. Nach Abschluss seines Kurses erfährt er dann von seiner Integrationsfachkraft im Jobcenter von dem Projekt Wirtschaft integriert. Zwar hat die erste Phase, die Berufsorientierung, schon begonnen, doch Mohamed entschließt sich trotzdem einzusteigen und holt die anderen in der Gruppe schnell ein. Er ist neugierig, stellt viele Fragen und hat sein Ziel immer vor Augen. Mit enormem Ehrgeiz verbessert er sein Deutsch, büffelt Mathe und schaut sich in den Werkstätten der Jugendwerkstatt alles mit großem Interesse an und probiert sich auch in anderen Berufsfeldern aus.

Während des Projekts wird Mohamed aber schnell bewusst, dass der Weg zu einer Ausbildung doch nicht immer so einfach ist. Nicht nur das Bewerbungsverfahren in Deutschland unterscheidet sich erheblich von dem, was er bisher kennengelernt hat. Vor allem vor den hohen Anforderungen in der Berufsschule, besonders im kaufmännischen Bereich, hat er großen Respekt.

Manchmal denkt Mohamed darüber nach, wie sein Leben wohl aussehen würde, wenn in seiner Heimat kein Krieg herrschen würde. Vermutlich würde er dann jetzt studieren oder hätte bereits eine Arbeit. In Deutschland allerdings ist sein Weg noch weit. Drei Jahre Ausbildung scheinen aus dieser Perspektive eine sehr lange Zeit. Doch nun ist er hier und dankbar dafür, dass es ihm gutgeht. Das Projekt Wirtschaft integriert begreift er als Chance auf diesem Weg. Zusammen mit den Sozialpädagoginnen und Ausbildern im Projekt gelingt es ihm, eine realistische berufliche Perspektive zu entwickeln. Sein Ziel auf lange Sicht ist es immer noch, Einzelhandelskaufmann zu werden. Die Schritte dorthin sind nun aber konkreter. Zunächst strebt er die zweijährige Ausbildung zum Verkäufer an. Dazu möchte er zu Beginn ein Praktikum absolvieren, danach soll eine Einstiegsqualifizierung folgen, damit er sich möglichst gut auf die Ausbildung und die Berufsschule vorbereiten kann. Mit seinen überarbeiteten Bewerbungsunterlagen stellte sich Mohamed nach einigen Anläufen schließlich bei Deichmann in Gießen vor. Sein selbstbewusstes Auftreten und seine höfliche Art kommen gut an und er beginnt ein Praktikum. Aufgrund seiner guten Mitarbeit und Leistungsbereitschaft wird ihm im Anschluss auch eine Einstiegsqualifizierung bei Deichmann angeboten. Auch hier wird er weiter durch Wirtschaft integriert mit berufsbezogenem Deutschunterricht und Fachunterricht unterstützt werden. Mohamed ist gerne bereit diesen Weg zu gehen, um auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Das Projekt Wirtschaft integriert unterstützt  junge Geflüchtete auf ihrem Weg zu einem erfolgreichen Berufsabschluss. Es besteht aus drei aufeinander folgenden Bausteinen: Auf eine Berufsorientierungsphase mit der Erprobung in unterschiedlichen Berufsfeldern  in einem Bildungszentrum des Handwerks, folgt eine Einstiegsqualifizierung auf dem 1. Arbeitsmarkt als Ausbildungsvorbereitung. Der letzte Baustein ist die Eingliederung in eine Ausbildung mit zusätzlicher Ausbildungsbegleitung. 
Seit April wird in Gießen vom Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e. V. in Zusammenarbeit mit der Jugendwerkstatt Gießen – Gemeinnützige Gesellschaft für Qualifizierung und berufliche Integration der erste Baustein, die Berufsorientierungplus, angeboten. Wirtschaft integriert ist ein Projekt des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung.

Weitere Informationen und Ansprechpartner finden Sie hier.