Vorurteile durch persönlichen Kontakt abbauen – ein Bericht aus dem Arbeitsbereich Holz- und Bautenschutz

In der Jugendwerkstatt werden pädagogische Maßnahmen in fachpraktische Qualifizierung eingebettet. Diese findet in unterschiedlichen Arbeitsbereichen statt, die von Werkstätten im Holz,  Metall- oder Textilbereich über die Küche bis hin zum Verkauf reichen. Ein weiterer Arbeitsbereich ist die Abteilung Bau mit der Ausbildung im Holz- und Bautenschutz: Hier können verschiedene Programme wie z.B. die Ausbildungsvorbereitung, aber auch eine außerbetriebliche Ausbildung absolviert werden. Fachkräfte für Holz- und Bautenschutz kümmern sich um die Instandhaltung und Sanierung von Gebäuden und beseitigen Schäden, die z.B. aufgrund von Durchfeuchtung, Pilz- oder Insektenbefall an Bauwerken und Bauwerksteilen auftreten können.
Freddy Konkoly, Fachanleiter in unserer Bauabteilung, berichtet über aktuelle Arbeitsprozesse und den jüngsten Neuzugang in der Gruppe der Teilnehmer im Holz- und Bautenschutz...

In unserer Abteilung haben wir grundsätzlich Teilnehmer aller Maßnahmen, die in der Jugendwerkstatt angeboten werden. Wir bieten Berufsorientierung, Qualifizierung und Wiedereingliederung, haben ab und zu auch Praktikanten, Arbeitsstündler oder Schulverweigerer. Außerdem kann man bei uns eine Ausbildung zur Fachkraft im Holz- und Bautenschutz absolvieren, ein Angebot für junge Menschen, die auf dem regulären Arbeitsmarkt keinen Ausbildungsplatz finden konnten.

Derzeit haben wir insgesamt 16 Teilnehmer, wobei davon nur drei Auszubildende sind – da hätten wir durchaus noch Kapazitäten für mehr Azubis, wir hoffen auf gute Kandidaten für das kommende Ausbildungsjahr, das im September beginnt.
Aktuell bauen unsere Teilnehmer das Modell eines Fachwerkhauses. Wichtig ist hierbei, dass die Gruppe alle Arbeitsschritte von Beginn an selbst durchführt, also das Anfertigen einer entsprechenden Zeichnung, die Ermittlung des Holzbedarfs, das Herstellen der Holzverbindungen und die Endmontage. So lernen die Teilnehmer den kompletten Arbeitsprozess kennen und sammeln Erfahrung mit den verschiedenen Werkstoffen.

Seit kurzem haben wir auch einen jungen Mann unter unseren Teilnehmern, der vor einigen Monaten aus Syrien hierher geflüchtet ist. Er wurde uns vom Jobcenter über eine sogenannte AGH-Maßnahme (Arbeitsgelegenheiten für Empfänger von Arbeitslosengeld ll) vermittelt. Von der ersten Minute an hatte ich einen sehr positiven Eindruck von ihm und tatsächlich hat er sich bisher als sehr fleißig und angenehm im Umgang erwiesen. Sein größtes Handicap ist die deutsche Sprache, die er leider noch nicht besonders gut beherrscht. Deshalb erhält er auch in der Jugendwerkstatt zusätzlichen Deutschunterricht, der ihm die Integration erleichtern soll. Schon jetzt konnte er, trotz seiner Sprachbarriere, die ihm gestellten Aufgaben gut umsetzen und zeigt sich sehr motiviert. Zunächst waren wir nicht sicher, wie er sich angesichts der Sprachbarriere in das Team einfügen würde. Doch diese Sorge erwies sich als unbegründet, er fügte sich schnell ein, wird gut akzeptiert und seine Kollegen haben ihm schon in der ersten Woche spontan beim Umzug geholfen.
Ich denke, er fühlt sich ziemlich wohl bei uns und der vielfältige persönliche Kontakt hilft ihm sehr bei seiner Integration in die deutsche Gesellschaft. Andersherum halte ich den Kontakt mit ihm aber auch sehr wertvoll für uns. Denn viele Vorurteile bauen sich erst dann ab, wenn man sich persönlich kennenlernt. Für mich ist die Einbeziehung von Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund in unsere Arbeit eine logische Folge der aktuellen Situation in Deutschland. Schließlich hat sich die Jugendwerkstatt Gießen seit jeher der Förderung und Re-Integration von Benachteiligten gewidmet, seien es nun Jugendliche ohne Schulabschluss oder Ausbildung, Langzeitarbeitslose, psychisch Beeinträchtigte oder Personen, die sich sprachlich und kulturell erst noch in unsere Gesellschaft einfinden müssen. Mit unserem engmaschigen Betreuungskonzept bestehend aus fachpraktischer Anleitung, sozialpädagogischen und psychologischen Angeboten sowie zusätzlichem Förderunterricht bieten wir für diese Personenkreise eine optimale Unterstützung.

Für unseren syrisch-stämmigen Teilnehmer sehe ich für die Zeit nach der Jugendwerkstatt gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Leider wird seine Ausbildung, die er in Syrien absolviert hat, hier nicht anerkannt und er muss noch Fortschritte in der deutschen Sprache machen. Aber er ist sich für keine Arbeit zu schade, ist immer pünktlich, zuverlässig und wirklich motiviert – das kommt bei den Chefs gut an.