Fachforum „Arbeit integriert“

Erfolgreiche Projekte zur Integration von Flüchtlingen wurden beim Fachforum „Arbeit integriert“ am 22. Mai in der Werkstattkirche der Jugendwerkstatt vorgestellt.

Veranstaltet wurde das Fachforum von der Jugendwerkstatt Gießen, dem Zentrums für gesellschaftliche Verantwortung der Ev. Kirche in Hessen und Nassau und den Fach- und Profilstellen für Gesellschaftliche Verantwortung in den Dekanaten Gießen, Grünberg, Hungen und Kirchberg. Durch die Veranstaltung führte Eva Grage vom Hessischen Rundfunk.

„Integration in den Arbeitsmarkt ist ein konkreter Baustein für sozialen Frieden und innere Sicherheit in unserem Land“, hatte der Gießener Dekan Frank-Tilo Becher zu Beginn vor den rund 100 Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft, Arbeitsagentur und Jobcenter sowie zahlreichen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern zu bedenken gegeben.  

In ihrer Präsentation zur Situation Geflüchteter in der Region Gießen, informierte Landrätin Anita Schneider über aktuelle Zahlen, Herkunftsländer, Verteilung sowie Wohnsituation und wies darauf hin, dass im Landkreis Gießen mittlerweile 23 Handwerksbetriebe Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen.

David Glunde von der Agentur für Arbeit klärte in seinem Beitrag die Besucher über rechtliche Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten für Flüchtlinge auf. Er wies darauf hin, dass es notwendig sei, die Vermittlung von Praktika mit seiner Behörde zu koordinieren, um arbeits- und ausländerrechtliche Probleme zu vermeiden.

Anette Bill, Pfarrerin der Jugendwerkstatt unterstrich das Anliegen der Jugendwerkstatt, Geflüchtete aus der „Warteschleife“ zu holen und ihnen die Chance zu geben zu lernen und sich zu erproben.

Der Film „Raus aus der Warteschleife- Geflüchtete Menschen in der Jugendwerkstatt“, stellte den Besucherinnen und Besuchern die Arbeitsansätze der Jugendwerkstatt vor. Teilnehmende sowie Mitarbeitende der Jugendwerkstatt berichten von ihrer Arbeit in den Werkstätten und zeigen, wie eine Verständigung trotz geringer Sprachkenntnisse funktionieren kann. Außerdem wurden die unterschiedlichen Angebote für Geflüchtete vorgestellt. Diese werden durch den ESF (Europäischer Sozialfonds), die Wirtschaftsförderung des Landkreis Gießen, das hessische Sozialministerium sowie durch kirchliche Mittel gefördert.

„Die Probierwerkstatt für Geflüchtete“ ist ein Kooperationsprojekt von ZAUG und Jugendwerkstatt. Hierbei handelt es sich um eine praktische  Kompetenzfeststellung, die in den verschiedenen Arbeitsbereichen stattfindet. Bei der ZAUG sind das die Berufsbereiche Maler, Hauswirtschaft und Elektro, in der Jugendwerkstatt die Bereiche Holz & Bautenschutz, Fahrradwerkstatt, Metall, Textil, Kantine und Schreinerei.  Am Projekt können Geflüchtete jeglichen Alters auch ohne geklärten Aufenthaltsstatus teilnehmen.

In den sechs Monaten trainieren sie zweimal wöchentlich berufsbezogen die deutsche Sprache und haben die Möglichkeit soziale Kontakte zu knüpfen. Allen Geflüchteten stehen Sozialpädagoginnen unterstützend zur Seite. Ein ähnliches Angebot können Geflüchtete ohne geklärten Status auch im Rahmen der Maßnahme Q&B in Anspruch nehmen. Durch die Kooperation mit der Familienpsychosomatik der Universität Gießen haben sie hier auch Zugang zu psychosozialen Unterstützungsleistungen.

Im Rahmen des von der Wirtschaftsförderung des Landkreises Gießen initiierten Pilotprojekts „Dreisprung“ kooperierte die Jugendwerkstatt mit der ZAUG gGmbH, dem Jobcenter Gießen sowie den Unternehmen Lück Gebäudetechnik GmbH und der BRANOpac GmbH. In einem 4-wöchigen Praktikum erhielten die Geflüchteten an zwei Tagen pro Woche Einblick in die Arbeitsprozesse und betrieblichen Abläufe. Die Ausbildungswerkstatt für Metallberufe der Jugendwerkstatt ergänzte dieses Praktikum wöchentlich für zwei weitere Tage. Hier lernten sie die Grundfertigkeiten der Metalltechnik. Für den letzten freien Wochentag schloss sich eine Sprachförderung bei der ZAUG gGmbH an. In der anschließenden gut sechsmonatigen Förderphase im zukünftigen Ausbildungsbetrieb arbeiten sie auf Baustellen und in Werkstätten mit, um die Sprache und den Arbeitsalltag kennenzulernen. Ziel ist die Übernahme in eine betriebliche Ausbildung im Praktikumsbetrieb.

Im Projekt „Rückenwind“ werden Geflüchtete, die zuvor in Kooperation mit dem Jobcenter, der Agentur für Arbeit und der IJB ausgewählt und von ZAUG hinsichtlich ihres Kompetenzprofils getestet wurden, auf eine Ausbildung im Bauhauptgewerbe intensiv vorbereitet. Enge Kooperation mit Betrieben ermöglicht einen reibungslosen Übergang in eine Ausbildung. Eine sozialpädagogische Betreuung durch die Jugendwerkstatt kann bis Ende 2017 vom Betrieb in Anspruch genommen werden.

Im Anschluss an die Vorträge diskutierten Sigrid Schneider (Fa. Lück), Wolfgang Hofmann (Jobcenter), Dr. Ralf Siebert (Wirtschaftsschule am Oswaldsgarten), Katharina Schuh (Diakonisches Werk) und Mirjam Aasman (Jugendwerkstatt) mit den Fachforumsbesuchern über Erfahrungen und Hindernisse bei der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt einer abgestimmten Zusammenarbeit zwischen Qualifizierungseinrichtungen, Arbeitsmarktförderung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bedarf. Unter den Zuhörern des Fachforums waren auch viele ehrenamtliche Flüchtlingshelfer. Sie unterstützen die Geflüchteten beim Ankommen im Wohnumfeld, vermitteln in Qualifizierungsmaßnahmen und übernehmen mit ihren Kontakten zu lokal ansässigen Betrieben auch Vermittlungsaufgaben.

Als Hürde wurden die Sprachbarrieren herausgestellt. Im Laufe des Abends wurde immer wieder davon berichtet, dass es viele Fachkräfte unter den Geflüchteten gebe, die aber das fachspezifische Deutsch noch nicht beherrschten. Die Ausbildungsbetriebe seien mit der erforderlichen sprachlichen Betreuung überfordert. Außerdem wurde auch die Forderung laut, dass der Zugang zu Integrationskursen schneller gehen und sich der Deutschunterricht stärker an der beruflichen Praxis orientieren müsse. Gerade für Geflüchtete mit geringer Schulvorbildung seien Angebote wichtig, in denen ein hoher Praxisbezug zum Spracherwerb erfolgt. Wolfgang Hofmann, Geschäftsführer des Jobcenters Gießen sagte, dass derzeit nur „eine überschaubare Zahl der Flüchtlinge über alltagstaugliche Sprachkenntnisse“ verfügt. Allerdings erwarte er, dass sich die Situation in zwei Jahren verbessere.

Im Anschluss an die Vorträge und Diskussionen nutzten die Teilnehmer des Fachforums noch intensiv die Gelegenheit für Nachfragen und Kontaktpflege.