Plötzlich war alles anders

Nach dem Lockdown endlich zurück bei der Arbeit

Drehen und Fräsen, Kundengespräche und Ware sortieren, Hobeln und Schrauben. Dies sind alles Bestandteile eines „ganz normalen Tages“ in der Jugendwerkstatt gGmbH. Sie waren es und sind es wieder. Im März bekam die Jugendwerkstatt gGmbH die Weisung ab sofort den laufenden Betrieb einzustellen, um die Teilnehmenden und Beschäftigten vor Covid-19 zu schützen. Die Tore schlossen für die Teilnehmenden von einem Tag auf den anderen, z.T. bis zu knapp drei Monate lang. Von nun an war alles anders.

Der Alltag brach weg, man blieb zu Hause. Wie ging es den Teilnehmenden in dieser Zeit? Was schwierig oder anders? Und wie ist es jetzt wieder da zu sein? Im Folgenden kommen die jugendlichen und erwachsenen Teilnehmenden der Jugendwerkstatt gGmbH zu Wort. Unter ihnen sind viele Auszubildende, aber auch Maßnahmenteilnehmende. Deren Alltag hat sich unter den Pandemiebedingungen verändert.


„Ich habe viel gezockt.“ Antwortet ein Jugendlicher auf die Frage, wie der Alltag im April und Mai aussah. Andere nicken. „Langweilig!“ sei es gewesen, nicht in die Jugendwerkstatt zu kommen. Die Kolleg*innen wurden vermisst. Plötzlich hat man „kein Ziel“. „Man ist hier, um was zu erreichen“, sagt ein Auszubildender. Er absolviert, wie seine Kolleg*innen, die Ausbildung in der Metallwerkstatt. Die Arbeit sei vielseitig, man lernt viel an unterschiedlichen Maschinen und bekommt die Unterstützung, die man braucht. All dies war nicht möglich. Stattdessen gab es Hausaufgaben, die per Mail oder Brief verschickt und dann in Heim- und damit Einzelarbeit bearbeitet wurden. Diese forderte besonders geflüchtete junge Menschen heraus, da sie bei sprachlichen Hürden nicht auf die Hilfe ihrer Kolleg*Innen zurückgreifen konnten – so berichten sie. Auch die telefonische Unterstützung der Mitarbeiter*innen konnte hier nicht alles auffangen.

Einige Teilnehmende sind „völlig aus dem Rhythmus gekommen.“ Tagesstruktur, wie sie in der Jugendwerkstatt gGmbH geschaffen wird, war schwer zu finden, „es fühlte sich zu Beginn an wie Urlaub“. Durch die fehlende Kontrolle von außen sind einige wieder in alte Muster zurückgerutscht und haben ihre Routinen verloren. So klang es in einigen Beschreibungen der jungen Menschen an. „Der Schlafrhythmus ging verloren“ und hätte man „gewusst, wie lange das (dauern) wird“, … ja, was wäre dann gewesen? Die Antwort bleiben die jungen Menschen schuldig. Einig sind sie sich jedoch darin, dass sie sich wünschen voran zu kommen. Dabei brauchen sie in unterschiedlicher Form Unterstützung.
Dafür standen die Teilnehmenden in gutem Kontakt mit ihren Ausbilder*innen, Anleiter*innen und dem pädagogischen Personal. „Mein Chef war für mich telefonisch erreichbar. Wenn ich angerufen habe, ist jemand drangegangen.“
Dass die Problemlagen in Zeiten des Lockdowns unterschiedlich waren, zeigt das Gespräch mit einer jungen Mutter. Ihre Tochter konnte sie in die Notbetreuung geben. Trotzdem war die Zeit zu Hause, besonders auch durch den fehlenden Kontakt zu den Großeltern, schwer. Natürlich habe sie die intensive Zeit mit ihrem Kind sehr genossen, belastend sei es trotzdem gewesen, auch weil z.B. öffentliche Spielplätze geschlossen und die Möglichkeiten in der eigenen Wohnung begrenzt waren.

Die theoretische Zwischenprüfung im Metallgewerk ist dieses Jahr pandemiebedingt ausgefallen. „Schade“ findet das ein Jugendlicher, der gehofft hatte, hier Erfahrungen für die Abschlussprüfungen sammeln und dadurch mehr Sicherheit bekommen zu können. Auch vorgesehene Betriebspraktika können in diesem Jahr nicht oder nur bedingt stattfinden. Die Auszubildenden der Jugendwerkstatt gGmbH möchten jedoch Erfahrungen auf dem ersten Arbeitsmarkt sammeln. „Mit Kunden Kontakt haben und Stressresistenz aufbauen“, das stellt sich ein Jugendlicher darunter vor. Diese Erfahrung bleibt manchen Auszubildenden in diesem Jahr verwehrt. Chancengleichheit ist das in den Augen der Auszubildenden nicht. „Während andere Betriebe weiterarbeiteten, machten wir dicht.“ Jedoch haben sie, seit die Berufsschule wieder geöffnet ist, nicht den Eindruck, die anderen haben einen deutlichen Vorteil dadurch erlangt. Der Vorteil in der Jugendwerkstatt gGmbH sei das intensive Lernen unabhängig von Aufträgen. Der dadurch, in den Augen der jungen Menschen, entstandene Vorteil, könne auch durch die pandemiebedingten ungleichen Arbeitszeiten zu anderen Auszubildenden nicht geschmälert werden. 

„Ich war so froh, als es hieß, wir dürfen wieder arbeiten.“ Immer wieder habe sie angerufen, sagt eine Teilnehmerin. Die Ungeduld ist noch im Gespräch Wochen später spürbar. Dinge, die vorher selbstverständlich gewesen wären, wie das gemeinsame „Lachen und Arbeiten mit dem Kollegen“ haben gefehlt.